Futtertierzucht
Auf dieser Seite möchte ich Ihnen möglichst kurz erläutern, wie und welche Futtertiere ich selbst Züchte und einige Details zu diesen nennen. Dabei möchte ich vorab sagen, dass bei der Futtertierzucht viele Wege zum Erfolg führen und nicht jede Zuchtmethode sofort funktioniert. Bis zu einer gut laufenden Futtertierzucht braucht es meist ein wenig Übung und Experimentierfreudigkeit, sowie viel Zeit und Geduld.
Inhaltsübersicht:
1. Drosophila
Drosophila
Drosophila gelten bis heute als eines der wichtigsten Futtertiere für kleine Amphibien und Reptilien. Die kleinen Fliegen sind sehr einfach und ergiebig in der Zucht, haben jedoch einen Nachteil: Der Nährwert dieser Fliegen ist sehr bescheiden, sie bieten lediglich gesättigte Fettsäuren weshalb sie nicht rein „out of the Box“ verfüttert werden sollten. Vorteil ist, an ihnen haftet Vitamin- und Mineralpulver hervorragend. Es gibt zwei relevante Drosophila Arten in der Terraristik: Drosophila hydei, von der es auch mehrere Zuchtvarianten gibt wie zum Beispiel die "golden"-Variante und Drosophila melanogaster. Letztere sind sehr klein und eignen sich vorwiegend für kleine Amphibien und Reptilien und deren Jungtiere.
Über die letzten Jahre hinweg testete ich einige Breirezepte, die allesamt das Blaue vom Himmel herab versprachen, aber in meinen Versuchen meist zum Rohrkrepierer wurden. Sei es, weil die Zucht nicht funktionierte, oder weil sich das Herstellen des Breis als zu aufwendig entpuppte. Seit 2016 verwende ich nun nachfolgendes Rezept mit großem Erfolg bei D. hydei. D. melanogaster haben hiermit in der Zucht ebenfalls recht gut funktioniert, sind mittlerweile aber aus der Futterzucht wegrationalisiert. Das Thema Milbenbefall bzw. Vorbeugung findet hier keine Erwähnung. Wenn Sie sich hierfür interessieren, so finden Sie an dieser Stelle meine Erfahrungen und Gedanken zu diesem Thema.
Die grundlegenden Zutaten sind Haferflocken, Apfelmus und Trockenhefe, sowie Wasser nach Bedarf. Wenn ich altes Vitamin- oder Mineralpulver übrig habe, wird auch dies mit untergemischt. Aufgrund eines Überbestands habe ich alternativ davon begonnen stets etwas von Orlux Lori beizumischen. Ein weiteres Beimischen von Zucker hat meiner Erfahrung nach keine Auswirkung auf das Zuchtergebnis. Lediglich die Hefe bleibt so länger hoch aktiv und setzt Zucker in CO2 oder Alkohol um. Ich nutze seit Jahren immer die gleichen Zutaten vom gleichen Hersteller. So wahre ich mir eine gewisse Konstanz im Mischungsverhältnis. Ich wiege die Zutaten jedoch schon lange nicht mehr ab. 10g mehr oder weniger Haferflocken bzw. Apfelmus werden durch entsprechende Beigabe von Wasser egalisiert.
Das Mischungsverhältnis für fünf 500ml Gläser beträgt 1:1 Haferflocken zu Apfelmus, auf Basis von 100g. Die Menge an Trockenhefe bestimme ich nach Gefühl, es dürfte circa 1g – 1,5g sein. Wasser wird so viel untergemischt, wie sich ein leichtflüssiger Brei bildet. Ich rühre das Gemisch stets in einem 1L Becher an, der dann einige Stunden an einen warmen Ort gestellt wird. Der Brei dickt durch Wasseraufnahme entsprechend nach. Daher rühre ich nach Bedarf noch einmal etwas Wasser unter um in etwa die Konsistenz von Milchreis zu erreichen. Ich lasse den Brei dann noch einmal 2-3 Stunden ruhen. Dies ist auch sehr wichtig, sollte die Hefe noch hoch aktiv sein, so bildet sich in den Zuchtgläsern viel CO2, welches die Fliegen ersticken lassen würde.
Drosophilalarven ernähren sich in erster Linie von Hefen und Bakterien. Das Apfelmus dient in erster Linie als Zuckerquelle für die Hefe, sekundär, sowie beigemischte Pulver, lediglich dazu die fertig entwickelten Fruchtfliegen rudimentär zu ernähren, womit eine hohe Reproduktionsrate und Vitalität gefördert wird. Nicht mehr. Das Einbringen von weiteren Früchten, Fruchtsäften und allem anderen ist weder nötig, noch zuchtfördernd. Vom Kostenfaktor ganz abgesehen. Einzig ein „Schuss“ Karottensaft zur Einbringung von Carotin sehe ich als nennenswerte Ergänzung an. Den Brei fülle ich etwa zwei Zentimeter hoch in die Gläser ein, für gewöhnlich geht der Brei mengentechnisch genau für fünf Gläser auf. Das restliche Prozedere ist, denke ich, bekannt. Holzwolle einfüllen, Fliegen einbringen und warten. D. hydei benötigen wesentlich mehr Brei als D. melanogaster. Dies sollte entsprechend in der Dosierung berücksichtigt werden.
Bei der Zucht setzte ich bewusst auf 500ml Glasbehälter, anstelle der Pendants aus Kunststoff. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass die Zucht in Glasbehältern erheblich besser und stabiler funktioniert. Zum einen verhindert das im Vergleich zur Raumtemperatur kühle Glas ein schnelles austrocknen des Zuchtbreis und dämpft zum anderen aufgrund seiner schlechten Wärmeleiteigenschaften Temperaturschwankungen ab. Außerdem sind die Gläser erheblich einfacher zu reinigen und halten nahezu unbegrenzt.
Die Entwicklungszeit der Zuchten pendelt abhängig von der Umgebungstemperatur bei D. melanogaster zwischen zwei und vier, bei D. hydei zwischen drei und fünf Wochen. Meine Zuchten stehen Sommer wie Winter bei ca. 23 °C im Keller.
Einmal die Woche werden neue Zuchtansätze gestartet. Es versteht sich von selbst, dass hierfür dann stets nur Fliegen aus Zuchtgläsern verwendet werden, die am gesündesten und vitalsten aussehen. Probleme mit Schimmel kenne ich bei diesem Rezept nicht. Milben möchte ich separat abhandeln.
Asseln
Asseln sind sehr reich an Calcium und erfreuen sich deshalb seit langer Zeit großer Beliebtheit als Futtertier, sowie als „Bodenpolizei“, die das Substrat sauber hält. Fest etabliert haben sich vor allem drei Arten, die in ihrer Vermehrungsrate annehmbar und unkompliziert zu züchten sind. Diese wären die weiße tropische Assel Trichorhina tomentosa, die nahezu jeder Futtertierlieferant im Sortiment hat, die kleinere und deutlich aktivere braune Assel Atlantoscia floridana, sowie die deutlich größere Kuba-Assel Porcellionides pruinosus. Daneben werden auch immer häufiger Porcellio laevis, eine aus Südwesteuropa in die ganze Welt verschleppte Asselart mit zahlreichen Farbzüchtungen, immer beliebter.
Mit diesem Text möchte ich Ihnen grundlegend Bedingungen für die Zucht dieser Asselarten näher bringen ohne mich dabei auf eine Art zu vertiefen. Es reicht sich ein wenig mit deren Lebensweise zu beschäftigen. Asseln gehören zur Ordnung der Isopoda, also zu den Krebstieren. Die recht überschaubare Gruppe der Landasseln verfügt nicht über Lungen, sondern über Kiemen die anhaltend feucht sein müssen. Aus diesem Grund finden Sie Asseln auch stets in beschatteten Substratflächen unter Laub, Holz, Steinen oder im Kompost. Eben überall, wo es warm und zugleich die Luft feucht ist. Asseln sind Substratverwerter, das heißt, sie ernähren sich vorwiegend bis ausschließlich von abgestorbenen Pflanzenmaterial wie Laub, weißfaulem Holz, Pilzen oder toten Tieren. Ihr Lebensraum sind hierbei die obersten Zentimeter der Bodenschicht.
Lauffläche, verwertbares Material und passende Luftfeuchtigkeit sind daher deutlich mehr wert, als eine tiefe Erdschicht. Vor allem Kokoshumus, der oft für die Zuchten Verwendung findet, ist absolut ungeeignet und fehl am Platz, da er keinerlei Nährwert bietet. Lockerer Humus mit pflanzlichem Material aus einem Kompost, der zuvor im Backofen von anderen Insekten und deren Eiern befreit wurde, ist die deutlich bessere Wahl. Hierbei reichen zwei bis drei Zentimeter Substratschicht aus. Der weitere Aufbau sollte aus gut durchweichtem Laub und weißfaulem Holz bestehen. Ich persönlich verwende Behältnisse mit den Maßen 40x30x18cm (LxBxH) und größer, bei denen die Handgriffe als Belüftungsflächen mit Metallgewebe (0,55mm Maschenweite) realisiert wurden. Auf die Humusschicht kommen 4-5 Zentimeter durchnässtes Laub, welches die Asseln dann beginnen zu verwerten. Ist dies geschehen, so wird nachgefüllt. Bewährt haben sich Ahorn-, Buchen-, Birken- und Haselblätter, die im Herbst auf Vorrat gesammelt werden. Grundsätzlich verwende ich hier rein das, was mir der Garten zur Verfügung stellt. Als Zusatzfutter dienen lediglich Küchenabfälle, sowie ein Stück Sephiaschale zur Deckung des Calciumbedarfs. Die durchgehende Calciumversorgung ist an dieser Stelle sehr wichtig, andernfalls bekommen die Asseln Probleme bei der Häutung oder stellen die Reproduktion ein. Temperaturtechnisch stehen meine Asseln bei 23-26°C und mehr, als die Zucht leicht feucht zu halten, ist nicht nötig. Alles in allem ist eine Asselzucht nicht sonderlich Arbeitsintensiv und läuft `neben her`. Nicht selten bildet sich in den Terrarien auch eine zusätzliche, kleine Asselpopulation. Wenn Sie einen großen Bedarf an Asseln als Futtertier haben, so sollten Sie möglichst viele Zuchten parallel laufen lassen.
Springschwänze
Springschwänze, wissenschaftlich Collembola und streng genommen kein Insekt, sind als Futtertier in der Froschhaltung und Aquaristik weit verbreitet und gelten als ideales Futter für die Jungtieraufzucht und als „Bodenpolizei“. Um welche Arten es sich hierbei genau handelt ist selten wirklich bekannt. Meist werden die Arten nach ihrem Habitus beschrieben und beworben. Insbesondere der „kleine weiße“ Springschwanz ist im Futterhandel weit verbreitet. Sie werden hierbei, das sei an dieser Stelle gesagt, viele Anleitungen, Meinungen und Vorgehensweisen im Internet finden, wenn es um die Zucht und Ernährung von Springschwänzen als Futtertier geht. Wie auch bei der Zucht von Drosophila gibt es nicht den einen, richtigen Weg. Ich selbst habe in den Jahren der Tierhaltung schon einiges ausgetestet und war selten zufrieden mit dem Zuchtergebnis, weshalb ich bis 2020 Springschwänze lediglich zukaufte anstatt diese selbst zu züchten. Springschwänze sind, wie Asseln, Substratverwerter die in den obersten Zentimetern von Böden leben und ernähren sich hauptsächlich von abgestorbener Pflanzenmaterie. Ein ähnliches Vorgehen wie bei Asseln hat aber ebenso wenig zum Erfolg verholfen wie die Zucht auf Torf, Holzkohle oder Komposterde. Am beständigsten konnte ich Springschwänze auf Kokoshumus hältern, wobei die Vermehrungsrate hinter meinen Erwartungen lag.
Ende 2019 wurde mir dann bei einem Telefonat mit einem Schulfreund, der sich im Studium intensiv mit Springschwänzen beschäftigte, geraten die Zucht auf doch eher unüblichem Substrat zu testen. Mit Begin der Corona-Pandemie kam dann auch Zeit sich diesem Projekt intensiver zu widmen und seither kann ich einen ausreichend konstanten Erfolg mit der Zucht vorweisen. Der bisher klassische Weg unter Zuhilfenahme von Kokoshumus wurde hier verlassen und gegen Seramis, im Grunde nichts anderes als gebranntes Tongranulat, getauscht. Der Vorteil liegt darin, dass sich Seramis als Substrat nicht verdichtet oder bei zu hoher Feuchtigkeit versumpft. Dadurch bleibt der Gasaustausch bestehen und es bildet sich für die Springschwänze ein Habitat mit großer Lauffläche und Luftfeuchtigkeit. Zudem verbraucht es sich nicht und kann immer wieder ausgewaschen werden, wodurch die Unmengen zu entsorgendem, alten und nährstoffarmen Kokoshumus entfallen. Weiter bilden sich auf den feinporigen Strukturen Bakterien- und Algenrasen, die vor allem die Larven gerne als Nahrungsquelle annehmen. Der Zuchtaufbau bezüglich der Behälter blieb hierbei unverändert bzw. bekannt. Zur Verwendung kommen in meinem Fall 5 Liter fassende, luftdicht schließende Küchenbehältnisse in die drei bis fünf Zentimeter hoch Seramis gefüllt wird. Im Vorfeld empfehle ich Ihnen, das Seramis sehr gut auszuwaschen. Produktions- und Transportbedingt bildet sich ein sehr feiner Staubabrieb, der die Zucht negativ beeinflusst. Ein alter Nudelsieb und ein großes Behältnis Wasser sind hier sehr hilfreich. Es benötigt gut drei bis vier Waschgänge, bis auch der feine Staub wirklich ausgewaschen ist. Durch das auswaschen ist das Seramis mit Wasser gesättigt. Nach kurzem abtropfen lassen kann es direkt in die Zuchtbehälter gefüllt werden. Auf das Seramis werden zwei Stücke Filterschwamm mittlerer Porengröße gelegt – gerne aus einem aktiven Aquarienfilter und nur kurz ausgewaschen. Die Erfahrung zeigt, dass die Springschwänze das Milieu sehr zu schätzen wissen und den Bakterienrasen als Nahrungsquelle annehmen. Gleichzeitig können die Springschwänze über diese Schwämme in die Terrarien überführt werden.
Sehr wichtig für eine gut laufende Zucht ist Konstanz und Routine in der Fütterung, sowie auch das richtige Futter. Allein auf dem Weg von der Larve bis zum ausgewachsenen Springschwanz häuten sich die Tiere bis zu 40 Mal, die Verdauung ist sehr kurz und die Aktivität der Tiere hoch. Daraus resultiert ein sehr hoher Bedarf an Calcium und energiereichem Futter, das einfach aufgeschlüsselt und aufgenommen werden kann, dabei aber das Substrat nicht belastet und ein Nährboden für die falsche Art Bakterien und Pilze werden soll. Nach vielen Recherchen hat sich als Futter eine mengenmäßig gleiche Mischung aus Orlux Lori, feingemahlenen Kartoffelflocken und Kichererbsenmehl bewiesen, der ca. 10% süßes Paprikapulver beigemengt wird. Während Kichererbsenmehl sehr reich an Calcium und Magnesium ist, liefert die Stärke aus Kartoffelflocken genügend Energie für die Tiere.
Orlux Lori ist indes ein Alleinfutter, das ursprünglich für Vögel gedacht ist. Es liefert Vitamine, weitere Mineralien und verschiedene Zucker, die die Springschwänze ausreichend mit allem notwendigen und für einen guten Nährwert der Tiere selbst sorgt. Eine Alleinfütterung hiermit hat allerdings nicht zur gewünschten Reproduktionsrate geführt. Das Paprikapulver soll schlicht einige weitere Carotine in die Zucht einbringen. Auch wenn oft dazu geraten wurde, sehe ich von einer Beigabe von Spirulinapulver ab. Meist ist es unangetastet zurückgeblieben und hat das Substrat verunreinigt und auch sonst konnte ich keine positive Wirkung auf die Vermehrungsrate erkennen. Das vorliegende Pulvergemisch füttere ich dosiert, gut verteilt in kleinen Mengen. Nur so viel, wie innerhalb von zwei bis drei Tagen restlos gefressen wird. Die nötige Menge resultiert aus etwas Beobachtungsgabe und Erfahrung.
Um eine Zucht zu starten, reichen wenige Tiere aus. Den kleinsten Ansatz, den ich verwendete umfasste ca. 100 Tiere. Je mehr Tiere zu Beginn, desto schneller ergibt sich eine Produktive Zucht, aus der regelmäßig verfüttert werden kann. Je mehr Bedarf herrscht, desto mehr Zuchten sollten Sie parallel betreiben. Eine Zucht sollte sich zwei bis vier Monate „einfahren“ können um einen Stabilen Generationszyklus zu gewährleisten. Eine Zucht betreibe ich so lange, wie die Vermehrungsrate stabil und zufriedenstellend verläuft. Bricht diese ein – das erste mal nach ca. 13 Monaten geschehen – werden die übrigen Tiere ausgeschwemmt bzw. mittels der Filterschwämme entnommen, das Seramis in (Wasserhahn-)heißem Wasser gut ausgespült und die Zucht neu gestartet. Auf diese Weiße konnte ich eine konstante, ergiebige Springschwanzzucht aufbauen. Kondenswasser in den Behältnissen wische ich einmal wöchentlich ab, wodurch auch Kot von den Oberflächen mit entfernt wird. Bildet sich kaum noch Kondenswasser, so sprühe ich nach Gefühl das Seramis feucht. Temperaturtechnisch hältere ich meine Zuchten bei 22-26°C im Aquarienunterschrank.
Weiterführendes
www.collembola.org - Eine sehr gute Seite zum Thema Springschwänze und deren Biologie.