Milben - Plagegeister in der Futtertierzucht
In diesem Artikel möchte ich mich mit dem Thema Milben in der Futtertierzucht auseinandersetzen. Ich hatte sehr lange das Glück, keinerlei Milbenprobleme in der Futterzucht zu haben. Erst als ich vom Bodensee wegzog, hat sich diese Problematik nennenswert ergeben und nur mit Mühe wieder bereinigen lassen.
Milben sind ein natürliches Übel. Sie ernähren sich von Nährmedien, leben Parasitär oder jagen aktiv. Durch das hohe Nahrungsangebot in Futterzuchten vermehren sie sich unter optimalen Bedingungen zudem unfassbar schnell. Sie sind also entweder ein Nahrungskonkurrent, aktiver Schädling oder Prädator. In allen Fällen beeinträchtigen sie die Reproduktionsrate negativ oder bringen eine Zucht gänzlich zum Erliegen. Vorab: Stark milbenbefallene Futtertierzuchten, gleich welcher Art, sind nicht mehr zu retten. Hier hilft zum Schutz der anderen Zuchten nur sofortiges entsorgen. Zur Realität gehört jedoch auch, dass es keine milbenfreie Futtertierzucht im Privathaushalt nicht gibt und auch gewerbliche Züchter hiermit nur Werben. Milbenfrei geht nur unter Labor- und Reinraumbedingungen. Und selbst da kann es schwierig werden.
Ursachen für ein hohes Milbenaufkommen
Milben „entstehen“ nicht einfach. Sie kommen im Haushalt, in Futterzutaten oder im Zuchtansatz vor. Werden also aktiv in die Zuchten eingebracht oder sie wandern ein. Finden sie passende Bedingungen vor, so vermehren sie sich rasant. Eine, oder besser die Hauptbedingung: Futter im Überfluss. Vor allem Drosophilazuchten sind hier aufgrund des feuchten, hefereichen Nährmediums sehr anfällig. Aber auch eine hohe Besatzdichte an Futtertieren kann sich ungewollt zum Problem entwickeln. Raubmilben oder parasitär lebende Milben haben leichtes Spiel sich zu ernähren und damit auch zu vermehren.
Maßnahmen
Abhängig von der Futtertierzucht ergeben sich eine Reihe von Maßnahmen, die aktiv oder passiv Einfluss auf die Milbenpopulation nehmen. Dies fängt bei der Aufbewahrung der Futterzutaten an und hört bei der Lagerung der Futterzuchten auf. Die Zutaten für Nährmedien sollten immer luftdicht, kühl und vor allem trocken gelagert werden. Haferflocken zum Beispiel fülle ich direkt nach dem Kauf in dicht schließende Gläser um, Apfelmus wird im Kühlschrank gelagert, eventuelle Fertigmischungen werden ebenso dicht verschlossen gelagert und nur in kleinen Portionen „offen“ gehandhabt. Oft wird im Internet dazu geraten, Nährbrei abzukochen. Ich habe dies nie gemacht und werde dies auch nicht mehr anfangen. Erfahrungsgemäß reicht eine sachgemäße Aufbewahrung von Zutaten aus um Milbenbestände klein zu halten.
Weiter ist ein Überangebot an Nahrung zu unterbinden. Unnötige Zutaten im Futterbrei, wie auch ein mengenmäßig zu hohes Einbringen von Futter in Springschwanz- und Asselzuchten sind zu vermeiden. Gleiches gilt für Futtermittel, die nur langsam aufgebraucht werden. Dies betrifft vor allem frisches Obst, Gemüse oder grobes Futtergranulat. Beim Ansetzen neuer Zuchtstämme – insbesondere bei Drosophila – sollte so sauber wie möglich gearbeitet werden. Die Tiere für neue Ansätze sollten stets aus milbenarmen Kulturen entnommen werden und das Umsetzen so Milbenfrei wie möglich gestaltet werden.
Bei Springschwänzen
Da es mir bei meiner Springschwanzzucht sehr einfach möglich ist, das Substrat durch ausspülen von Milben restlos zu befreien reduziert sich die Kontaminationsmöglichkeit auf zwei Dinge: Futter und die Futtertiere selbst. Im Bezug auf Springschwänze können Sie sich einen Umstand sehr gut zu Nutze machen: Milben können sich nicht über Wasser halten. Während Springschwänze eine gewisse Zeit auf Wasser ausharren können, brechen Milben schnell durch die Wasseroberfläche und gehen unter. So können Sie beim Umsetzen ein Großteil von Milben, aber auch verschleppter Kot und Futter ausfällen. Ungeachtet dessen sollte differenziert werden, welche Milben vorherrschen. Raubmilben in einer Springschwanzzucht bedeuten vor allem für frisch gestartete Kulturen oft das Aus vor dem Start. Es ist auch hilfreich, die Kultur mit einer möglichst großen Zahl an Individuen zu starten. So verschiebt sich das Konkurrenzgefüge um Futter stark zum Nachteil von Milben.
Luftdicht schließende Gefäße für eine Zucht sind nicht ratsam, da kein Sauerstoffaustausch mehr stattfinden würde. Wichtiger ist, Gefüttert wird sparsam, nur so viel, wie binnen 24-36 Stunden restlos vertilgt wird. Neben bei rate ich Ihnen dazu, Springschwanzzuchten möglichst weit entfernt von Drosophilazuchten zu lagern.
Bei Asseln und Schaben
Bei Asseln und Schaben hilft meiner Erfahrung nach nur eine sehr dosierte Futterzugabe und rechtzeitiger Substratwechsel. Das Hauptfutter stellt weißfaules Holz und Laub bei Asseln dar. Ein Nährbrei bei Schaben. Beides ist eine schlechte Ausgangsbasis für Milben. Frisches Obst oder Gemüse entferne ich nach spätestens 24 Stunden wieder. Trockenfutter dosiere ich wie bei Springschwänzen. Parasitäre Milben habe ich in der Assel- und Schabenzucht nie wahrgenommen. Der Kot hingegen scheint hier und da eine Nahrungsquelle für Milben dar zu stellen.
Beim Umsetzen achte ich darauf, möglichst wenig verbrauchtes Substrat, Kot oder Häutungsreste, mit in den neuen Ansatz zu verschleppen. Bei Schaben dosiere ich den Nährbrei dahingehend, dass er nach spätestens 48 Stunden vertilgt ist.
Bei Drosophila…
… ist das Thema Milben ein Dauerbrenner und mit viel Routine und Selbstdisziplin verbunden. Drosophila einfach von einem Glas in das nächste zu Klopfen ist die schlechteste Idee. Vielfach haften die Milben den kleinen Fliegen an und werden so in großer Menge in den neuen Ansatz verschleppt bzw. durch das klopfen aus dem alten Glas befördert. Dabei ist eine Reduzierung der Milbenlast sehr einfach umzusetzen.
Ich züchte möglichst nur mit Gläsern weiter, die kaum Milben und eine augenscheinlich gesunde Population aufweisen. Möchte ich eine neue Zucht starten, so fülle ich die Fliegen zuerst in ein mit etwas Talkumpulver [2] gefülltes Gefäß mit Gazedekel um etwaige Milben von Drosophila abzutrennen. Das Vorgehen ist im Prinzip das gleiche wie bei Mineral- und Vitaminpulver. Talkum [2] ist ein sehr feines Mineral, welches beispielsweise von Ameisenhaltern genutzt wird um Formicarien ausbruchssicher zu gestalten. Im Grunde wirkt es wie ein Trennmittel.
Die Milben können sich nicht mehr an Drosophila heften und werden über die im Deckel eingeschweißte Gaze ausgesiebt. Dabei schadet es den Drosophila bei geringer, mechanischer Einwirkungsdauer nicht und ist ein kostengünstiges Mittel. Wichtig: Verfüttern Sie niemals mit Talkum bestäubte Drosophila! Es wirkt Wasserabweisend und kann den Magen-Darmtrakt der Tiere verkleben. Gleiches gilt, wenn Sie alternativ feines Mehl verwenden. Nach etwa fünf Minuten wiederhole ich diese Prozedur nochmals um „Nachzügler“ auszusondern.
Die so von Milben befreiten Drosophila können nun in neue Zuchtansätze verbracht werden. Hier ist auf ausreichende Besatzdichte zu achten, damit möglichst schnell möglichst viele Fliegenmaden erzeugt werden, die Futtermilben Konkurrenz bieten. Um ein neuerliches Einwandern von Milben zu verhindern, haben sich bei mir zwei Dinge bewährt. Sowohl das Ausbringen von Kieselgur [1] im Aufbewahrungsbehälter, als auch das Stellen in Wasser mit einem Zusatz an Spülmittel hält Milben proaktiv davon ab die frischen Ansätze zu infiltrieren. Die zweite Methode ist alt bewährt und gängig, aber auch schmuddelig. Das Wasser muss regelmäßig gewechselt werden, andernfalls entwickelt es unangenehme Gerüche oder wird sulzig. Zudem tropfen die Gläser beim Hantieren den Boden voll und hinterlassen immer dicker werdende Kalkränder an den Gläsern. Umgekehrt ist der Staub von Kieselgur [1] aber auch von Talkum [2] lungengängig und kann langfristig schädlich wirken. Achten Sie beim Hantieren hiermit auf ausreichende Belüftung oder tragen Sie eine Maske. Seit Corona sollte letzteres in jedem Haushalt zu genüge zu finden sein. Einmal ausgestrichen, bleibt das Kieselgurpulver jedoch wo es ist und hält sehr, sehr lange in trockenen Räumen ohne zusätzlichen Aufwand. Mittlerweile hat es die Wasserbadmethode vollständig verdrängt.
Die Gläser sollten auch zueinander keinen Kontakt haben. Ebenso sollte der Arbeitsplatz, an dem neue Zuchten zusammengestellt werden, zwischen den Arbeitsgängen hier und da mittels eines feuchten Lappens abgewischt werden. Mit dieser Vorgehensweise habe ich seit langem gute Zuchtergebnisse und Probleme mit Milben minimiert. Die hier zuvor beschriebene Methode, die Fliegen zwischen zu hältern, habe ich nach wenigen Monaten wieder aufgegeben.
Und dann wäre da noch ... Zucker.
Gefühlt sind Rezepte, die auf Frischobst und eine hohe Komplexität setzten, grundsätzlich recht anfällig für eine hohe Milbenreproduktion. Über all die Jahre stellte ich jedoch immer wieder fest, dass die zusätzliche Beigabe von Zucker in Drosophilarezepten, insbesondere raffiniertem Haushaltszucker, wie ein Boost für Milben wirkt und zugleich den Fliegenmaden nicht bekommt. So war der Nährbrei in Rezepten mit Zuckerzusatz, so gering er teils auch war, stets hell und nur oberflächlich von Larven durchbohrt, während die Milben sich explosionsartig vermehrten. Demgegenüber nahm der Nährbrei in Rezepten ohne jeglichen Zuckerzusatz die typisch dunkelbraune Färbung an und wurde von Larven nur so durchwühlt. Woran dies genau lag, kann ich nur spekulieren. Eine Vermutung meinerseits sind Rieselhilfen, die ein Verklumpen des Zuckers verhindern sollen. Ein genereller Verzicht auf Zuckerzusatz hat sich daher positiv ausgewirkt. Da in Hafer und Apfelmus ohnehin genügend Zuckerverbindungen vorhanden sind, macht eine weitere Beimengung von Zucker auch keinerlei Sinn.
Sonderfall Ofenfischchen & Bohnenkäfer
Ich hatte bei Ofenfischchen nur ein einziges Mal einen Milbenbefall. Damals hatte ich auf Boxen mit geringer Lüftungsfläche zurückgegriffen. Die Temperaturen in der Zucht werden zu einem Katalysator, wenn die Luftfeuchtigkeit sehr hoch ist und dadurch Kartonagen und Futter feucht werden. Bei ausreichender Belüftung oder Luftumwälzung hingegen stellen die Zuchtbedingungen eine sehr lebensfeindliche Basis für Milben dar. Von erwähntem Ausnahmefall hatte ich nie in irgendeiner Form Probleme mit Milben in der Ofenfischchenzucht. Gleiches gilt für die Zucht der Bohnenkäfer. Durch die fehlende Feuchtigkeit und jedweden weitern Substrats haben Milben keinen Ansatzpunkt sich zu vermehren.