Springschwänze 

Springschwänze, wissenschaftlich Collembola und streng genommen kein Insekt, sind als Futtertier in der Froschhaltung und Aquaristik weit verbreitet und gelten als ideales Futter für die Jungtieraufzucht und als „Bodenpolizei“. Um welche Arten es sich hierbei genau handelt ist selten wirklich bekannt. Meist werden die Arten nach ihrem Habitus beschrieben und beworben. Insbesondere der „kleine weiße“ Springschwanz ist im Futterhandel weit verbreitet. Sie werden hierbei, das sei an dieser Stelle gesagt, viele Anleitungen, Meinungen und Vorgehensweisen im Internet finden, wenn es um die Zucht und Ernährung von Springschwänzen als Futtertier geht. Wie auch bei der Zucht von Drosophila gibt es nicht den einen, richtigen Weg. Ich selbst habe in den Jahren der Tierhaltung schon einiges ausgetestet und war selten zufrieden mit dem Zuchtergebnis, weshalb ich bis 2020 Springschwänze lediglich zukaufte anstatt diese selbst zu züchten. Springschwänze sind, wie Asseln, Substratverwerter die in den obersten Zentimetern von Böden leben und ernähren sich hauptsächlich von abgestorbener Pflanzenmaterie. Ein ähnliches Vorgehen wie bei Asseln hat aber ebenso wenig zum Erfolg verholfen wie die Zucht auf Torf, Holzkohle oder Komposterde. Am beständigsten konnte ich Springschwänze auf Kokoshumus hältern, wobei die Vermehrungsrate hinter meinen Erwartungen zurückblieb.

Springschwanz Zucht Zuchtbox für tropische, weiße Springschwänze

Ende 2019 wurde mir dann bei einem Telefonat mit einem Schulfreund, der sich im Studium an der Universität Freiburg auch mit Springschwänzen beschäftigte, geraten die Zucht auf doch eher unüblichem Substrat zu testen. Mit Beginn der Corona-Pandemie kam dann auch Zeit sich diesem Projekt intensiver zu widmen und seither kann ich einen ausreichend konstanten Erfolg mit der Zucht vorweisen. Der bisher klassische Weg unter Zuhilfenahme von Kokoshumus wurde hier verlassen und gegen Seramis, im Grunde nichts anderes als gebranntes Tongranulat, getauscht. Der Vorteil liegt darin, dass sich Seramis als Substrat nicht verdichtet oder bei zu hoher Feuchtigkeit versumpft. Dadurch bleibt der Gasaustausch bestehen und es bildet sich für die Springschwänze ein Habitat mit großer Lauffläche und Luftfeuchtigkeit. Zudem verbraucht es sich nicht und kann immer wieder ausgewaschen werden, wodurch die Unmengen zu entsorgendem, alten und nährstoffarmen Kokoshumus entfallen. Weiter bilden sich auf den feinporigen Strukturen Bakterien- und Algenrasen, die vor allem die Larven gerne als Nahrungsquelle annehmen. Der Zuchtaufbau bezüglich der Behälter blieb hierbei unverändert bzw. bekannt. Zur Verwendung kommen in meinem Fall 5 Liter fassende Küchenbehältnisse in die drei bis fünf Zentimeter hoch Seramis gefüllt wird. Im Vorfeld wurde das Seramis sehr gut auszuwaschen. Produktions- und Transportbedingt bildet sich ein sehr feiner Staubabrieb, der die Zucht negativ beeinflusst. Ein alter Nudelsieb und ein großes Behältnis Wasser sind hier sehr hilfreich. Es benötigt gut drei bis vier Waschgänge, bis auch der feine Staub wirklich ausgewaschen ist. Durch das auswaschen ist das Seramis mit Wasser gesättigt. Nach kurzem abtropfen lassen kann es direkt in die Zuchtbehälter gefüllt werden. Auf das Seramis werden zwei Stücke Filterschwamm mittlerer Porengröße gelegt – gerne aus einem aktiven Aquarienfilter und nur kurz ausgewaschen. Die Erfahrung zeigt, dass die Springschwänze das Milieu sehr zu schätzen wissen und den Bakterienrasen als Nahrungsquelle annehmen. Gleichzeitig können die Springschwänze über diese Schwämme in die Terrarien überführt werden.

tropische weiße Springschwänze tropische, weiße Springschwänze auf Seramis mit frischem Futter

Sehr wichtig für eine gut laufende Zucht ist Konstanz und Routine in der Fütterung, sowie auch das richtige Futter. Allein auf dem Weg von der Larve bis zum ausgewachsenen Springschwanz häuten sich die Tiere bis zu 40 mal, die Verdauung ist sehr kurz und die Aktivität der Tiere hoch. Daraus resultiert ein sehr hoher Bedarf an Calcium und energiereichem Futter, das einfach aufgeschlüsselt und aufgenommen werden kann, dabei aber das Substrat nicht belastet und ein Nährboden für die falsche Art Bakterien und Pilze werden soll. Nach vielen Recherchen hat sich als Futter eine mengenmäßig gleiche Mischung aus Orlux Lori, feingemahlenen Kartoffelflocken und Kichererbsenmehl bewiesen, der ca. 10% süßes Paprikapulver beigemengt wird. Während Kichererbsenmehl sehr reich an Calcium und Magnesium ist, liefert die Stärke aus Kartoffelflocken genügend Energie. Das Paprikapulver stellt eine Bezugsquelle für Carotine.

Orlux Lori ist indes ein Alleinfutter, das ursprünglich für Vögel gedacht war. Es liefert Vitamine, weitere Mineralien und verschiedene Zucker, die die Springschwänze ausreichend mit allem notwendigen und für einen guten Nährwert der Tiere selbst sorgt. Eine Alleinfütterung hiermit hat allerdings nicht zur gewünschten Reproduktionsrate geführt. Auch wenn oft dazu geraten wurde, sehe ich von einer Beigabe von Spirulinapulver ab. Meist ist es unangetastet zurückgeblieben und hat das Substrat verunreinigt und auch sonst konnte ich keine positive Wirkung auf die Vermehrungsrate erkennen. Das vorliegende Pulvergemisch füttere ich dosiert, gut verteilt in kleinen Mengen. Nur so viel, wie innerhalb von zwei Zagen restlos gefressen wird. Die nötige Menge resultiert aus etwas Beobachtungsgabe und Erfahrung.

Um eine Zucht zu starten, reichen wenige Tiere aus. Den kleinsten Ansatz, den ich verwendete umfasste ca. 100 Tiere. Je mehr Tiere zu Beginn, desto schneller ergibt sich eine Produktive Zucht, aus der regelmäßig verfüttert werden kann. Je mehr Bedarf herrscht, desto mehr Zuchten sollten Sie parallel betreiben. Eine Zucht sollte sich zwei bis vier Monate „einfahren“ können um einen Stabilen Generationszyklus zu gewährleisten. Eine Zucht betreibe ich so lange, wie die Vermehrungsrate stabil und zufriedenstellend verläuft. Bricht diese ein – das erste mal nach ca. 13 Monaten geschehen – werden die übrigen Tiere ausgeschwemmt bzw. mittels der Filterschwämme entnommen, das Seramis in (Wasserhahn-)heißem Wasser gut ausgespült und die Zucht neu gestartet. Auf diese Weiße konnte ich eine konstante, ergiebige Springschwanzzucht aufbauen. Kondenswasser in den Behältnissen wische ich einmal wöchentlich ab, wodurch auch Kot von den Oberflächen mit entfernt wird. Bildet sich kaum noch Kondenswasser, so sprühe ich nach Gefühl das Seramis feucht. Temperaturtechnisch hältere ich meine Zuchten bei 22-26°C im Aquarienunterschrank.

Rote Springschwänze

Ebenfalls mit der Coronapandemie einhergehend tauchten bei einschlägig bekannten Händlern immer wieder Angebote für rote Springschwänze auf, die teilweise horrende Summen für nur zehn bis 20 Tiere aufriefen. Über einen Freund erhielt ich einen solchen Zuchtansatz für einen deutlich annehmbareren Preis. Bei dieser Art handelt es sich literarischen Quellen zufolge um die in Spanien weit verbreitete Art Bilobella braunerae, die mit bis zu 4 mm Länge und im adulten Stadium roten Erscheinungsbild ein interessantes Futtertier darstellt. Auch diese Springschwänze züchte ich auf Seramis, allerdings in den bekannten 1 Liter PP Dosen. Sie bevorzugen es ein gutes Stück feuchter als ihre weißen, tropischen Verwandten und konstant auch etwas wärmer. Die Vermehrungsrate ist hierbei hoch, die Tiere brauchen allerdings deutlich länger bis zur Geschlechtsreife und sind daher nicht so produktiv im Sinne der Tauglichkeit einer Futterzucht, sind aber aufgrund ihrer Größe und dem Kontrast gegenüber dem Bodengrund eine schöne Alternative und ein gutes Beifutter. Zudem kann diese Art nicht springen, wodurch sie für Jungfrösche und Geckos deutlich einfacher zu erbeuten sind. Sie sollten separat zu anderen Springschwanzzuchten gehältert werden. Meiner bisherigen Erfahrung nach reichen schon wenige, eingeschleppte weiße Springschwänze um nach wenigen Monaten die Vermehrungsrate der roten stark einzuschränken, oder sie übernehmen die Zucht komplett. Hier hilft dann nur noch absammeln, selektieren und neu beginnen. Zwar kann die Population der weißen Springschwänze durch „auspusten“ eingedämmt werden, langfristig schadet deren Anwesenheit den roten aber deutlich.

rote Springschwänze ​Rote Springschwänze - werden nur im adulten Stadium rot-orange!

Weiterführendes

www.collembola.org - Eine sehr gute Seite zum Thema Springschwänze und deren Biologie.